Kunst und Kultur genießen, etwas über die lokale Geschichte und aktuelle Entwicklungen erfahren – das können wir sogar in Zeiten der Pandemie, das können wir immer, wenn wir im öffentlichen Raum unterwegs sind. Als Einladung, bei den Alltags- oder Freizeitwegen die Stadtlandschaft, die Gebäude sowie bestimmte Details an den Fassaden bewusster wahrzunehmen und auch einmal vom kürzesten Weg abzuschweifen, ist diese Fotorätsel-Serie gedacht.

Dabei werden wir unsere „Kalebasse“ Matznerviertel (danke Florian Holzer für diesen Hinweis!) auch verlassen und bis an die weiten Grenzen Penzings gehen, die vielfältige Stadt- und Landschaften umschließen. Lassen Sie sich überraschen und halten Sie die Augen offen!

Auflösung Fotorätsel M-01:

In welcher Sackgasse steht dieses Haus?

Zusatzfrage: Wieso ist das Haustor nicht in der Mittelachse, obwohl die Symmetrie in der Gestaltung so stark betont wird?

“Das Gebäude steht in der Trogergasse 3. Das Haus wurde 1887 als städtische Volksschule für Mädchen und Knaben errichtet. Ursprünglich gab es also zwei Tore, denn die Kinder sollten nicht nur schön brav nach Geschlechtern getrennt lernen, sondern auch die Schule betreten! 1937 wurde das Schulgebäude zu einem Wohnhaus umgebaut, es ist heute ein Gemeindebau. Architekt: Carl Hinträger, (1859-1913), Spezialist im Schulbau.“

Wohnhausanlage Trogergasse 3

 

Die richtige Antwort kam von Christa Leidinger. Herzliche Gratulation der Gewinnerin des von Orange & Natural Wines e.U. gestifteten Preises!

Als Ort für das Treffen mit der Gewinnerin wählten wir das gesuchte Haus – das Wetter war schön, der Weg für alle nicht weit. Zufällig stand das Haustor gerade offen und so konnten wir uns überzeugen, dass die zum Wohnhaus umgebaute ehemalige Knaben- und Mädchenvolksschule immer noch zwei Stiegenhäuser hat!

Auf dem Foto in der Mitte Christa Leidinger, die schon über 20 Jahre im Matznerviertel wohnt und als begeisterte Fußgängerin und Radfahrerin viele der schönsten Gegenden in der näheren und weiteren Umgebung kennt. Rechts Egon-Julius Berger, der Stifter des Preises, und links Rätselredakteurin Felicitas Konecny, die sich über den gelungenen Auftakt der Serie freut.

© Fotos: Susanne Korab

Sie wundern sich (so wie ich), wieso man eine Volksschule in eine Sackgasse gestellt hat? Da hat wohl die rechte Hand nicht gewußt, was die linke tut…

Die Westbahn (damals Kaiserin–Elisabeth-Bahn) zwischen Wien und Linz wurde 1856 eröffnet, ab 1860 war die gesamte Strecke bis Salzburg in Betrieb. 1882 stellte das Wiener Stadtbauamt den k. k. Staatsbahnen einen Entwurfsplan für die Verbindungsbahn zwischen Westbahn und Franz-Josefs-Bahn zur Verfügung, konkret in Angriff genommen wurde das Projekt aber erst 1892 – also nach dem Bau der Schule und nach der Eingemeindung des Vorortes Penzing (damals als Teil des XIII. Bezirks). Das bedeutete ein kurzes Ende für die junge Gasse, die erst 1889 den Namen Preysinggasse erhalten hatte und 1894 umbenannt wurde in Trogergasse. Denn im ebenfalls eingemeindeten Rudolfsheim gab es auch schon eine (wesentlich längere) Preysinggasse, benannt nach Karl Preysing, 1878-79 Bürgermeister von Rudolfsheim. Quelle: Wien Geschichte Wiki

Die Architekten Moritz und Karl (Carl) Hinträger waren als Vater und Sohn in (fast) lebenslanger Arbeitsgemeinschaft tätig und gewannen viele Wettbewerbe für Schulbauten, weil sie sehr gut funktionierende Grundrisstypen entwickelt hatten, die sie für neue Bauaufgaben immer entsprechend abwandeln konnten. Karl hielt auch Vorträge und schrieb über Schulbau. Die Fassaden gestalteten sie fast ausnahmslos im Stil der Neo-Renaissance, der man einen für Schulen angemessenen „ernsten und würdigen“ Eindruck zusprach. Wenn Sie das Foto der Schule nochmals genau anschauen, können Sie erkennen, dass wie bei einem Renaissance-Palast die Kapitelle der Pilaster im Erdgeschoß dorisch, im ersten Stock ionisch und um zweiten Stock korinthisch gestaltet sind. Quelle: Architektenlexikon

Und hier geht es zum 2. Fotorätsel!

– halten Sie bei Ihren Wegen in Penzing die Augen offen, es lohnt sich auf jeden Fall…

 

Als Stadt- und Architekturführerin, die jetzt ihre Berufung zur Rätselredakteurin entdeckt hat, freue ich mich auf viel Resonanz!

Mit herzlichen Grüßen,

Felicitas Konecny

P.S. Mehr zu meiner Person finden Sie hier: Verein Wiener Spaziergänge