Penzing entdecken – Mitmachen beim Fotorätsel

Kunst und Kultur genießen, etwas über die lokale Geschichte und aktuelle Entwicklungen erfahren – das können wir immer, wenn wir im öffentlichen Raum unterwegs sind. Als Einladung, bei den Alltags- oder Freizeitwegen die Stadtlandschaft, die Gebäude sowie bestimmte Details an den Fassaden bewusster wahrzunehmen und auch einmal vom kürzesten Weg abzuschweifen, ist diese Fotorätsel-Serie gedacht.

(c) Felicitas Konecny

Fotorätsel M-12:

An welchem Gemeindebau im Matznerviertel findet man dieses Kunstwerk?

Diesmal sind sieben richtige Antworten eingelangt. Herzlichen Dank fürs Mitmachen an: Edith S., Fritz L., Lena F., Rainer T., Roswitha W., Uwe H. und Winfried K. – die kompletten Antworten finden Sie weiter unten.

Der/die Gewinner*in des Wasserkochers, zur Verfügung gestellt von der Firma Secondeum wurde per Los ermittelt – herzliche Gratulation an Rainer T.!

Allen anderen wünschen wir viel Glück beim nächsten Fotorätsel…

Auflösung

Auch wer meint, das Wandbild „Bauarbeiter“ (1952-53, auch „Wiederaufbau“ genannt) von Hermine Aichenegg schon zu kennen, ist eingeladen sich davor hinzustellen und es nochmals genau zu betrachten. Die Künstlerin hat hier nämlich virtuos verschiedene Methoden eingesetzt, um mit einem flächigen Bild eine räumliche Wirkung zu erzielen: Da ist einmal die aufwändige Sgraffito-Technik, die tatsächlich mehrere Bildebenen und eine reliefartige Oberfläche erzeugt. Zweitens teilt sie die Szene sehr klar in Vordergrund und Hintergrund, wobei die Menschen und Fahrzeuge im Hintergrund deutlich kleiner dargestellt sind. Drittens verwendet sie die sogenannte „Kavalierprojektion“ , die suggeriert, dass man die Szene von einem höheren Standpunkt aus betrachtet. Da man aber in diesem Fall von unten hinaufschauen muss, entsteht ein leicht irritierender Effekt, also ob die waagrecht liegenden Bretter nach vorne kippen würden. Zusammen mit den schräg verlaufenden Linien und den „in Aktion“ dargestellten Bauarbeitern und Passant*innen verstärkt dieser Kunstgriff den Eindruck von dynamischer Bewegung auf der Baustelle und in der Straße.

Der Matilda-Effekt  – auch in der Kunst?

Hermine Aichenegg (1915-2007) besuchte zunächst die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt und arbeitete als Gebrauchsgrafikerin. 1945-49 absolvierte sie eine Lehre für Wandbildtechniken (Fresko, Secco, Sgraffito, Mosaik) beim Künstler Rudolf Holzinger. Als innovative Künstlerin wurde sie 1951 von der Wiener Secession als Mitglied aufgenommen, erhielt mehrere Aufträge für Kunstwerke bei Gemeindebauten und vertrat Österreich in internationalen Ausstellungen. Trotzdem scheint sie heute fast vergessen.

Und wie sind nun die Frauen im „Wiederaufbau“ vertreten? Nur ganz im Hintergrund, als Passantinnen in der Straßenszene, während vorne die Männer groß am Werk sind. Aber halt, da ist unten, direkt hinter dem Gerüst, eine schwarze Silhouette, da geht eine „Schattenfrau“ zur Maschine hin. Könnte Hermine Aichenegg damit sich selbst als Akteurin im männerdominierten Bauwesen gemeint haben?

50 Jahre später: Kunst-am-Bau-Reflexionen von Sofie Thorsen

Die dänisch-österreichische Künstlerin Sofie Thorsen (*1971) hat sich in ihrem Werk mehrfach mit Kunstwerken bei den Wiener Gemeindebauten beschäftigt. U.a. hat sie für die Ausstellung Fifty Fifty. Kunst im Dialog mit den 50er-Jahren, 2009 im Wien Museum ein 3×14 Meter großes Wandbild angefertigt, das sich mit dem Kunstwerk von Hermine Aichenegg auseinandersetzt: Baustelle (Aichenegg, Lenneisgasse 6-8, 1140 Wien). Auch in ihrer Arbeit Eine Stadt  dekonstruiert sie die Beziehung der Kunstwerke zu ihrer (gebauten) Umgebung und stellt neue Bezüge her.

Terra Nova – aktuelle Ausstellung zum Thema „Wiederaufbau“

Einen ausgezeichneten Einblick in die Wohnbaukonzepte, aber auch in das Alltagsleben im Gemeindebau in den 1950er Jahren gibt die Ausstellung „Terra Nova – 70 Jahre Siedlung Siemensstraße“, eine Gemeinschaftsproduktion von Wien Museum, wohnpartner team 21 und dem Referat Wohnbauforschung. Das Besondere ist, dass die Schau in einer typischen „Duplexwohnung“ stattfindet und auch viele Beiträge von Zeitzeug*innen präsentiert.

Auch wenn es am anderen Ende der Stadt zu sein scheint: Die ca. 35 Minuten Fahrt mit S45 und S1/S2 in die Siemensstraße zu einem Besuch der Ausstellung (Anmeldung erforderlich)  kann ich wärmstens empfehlen!

Weiterführende Informationen:

Hermine Aichenegg (Monographie) bei Suppan Fine Arts

Hermine Aichenegg in Wikipedia

Spurensuche. Kunst am& Bau, Region 14. Bezirk Wien. Die Publikation legt einen Querschnitt durch die Geschichte bis zum Jahr 2001. Erhältlich bei der Autorin und Künstlerin Susanne Kompast

Gemeindebaubeschreibungen von Wiener Wohnen

 

Ein neues Fotorätsel folgt im nächsten Newsletter – halten Sie bei Ihren Wegen in Penzing die Augen offen, es lohnt sich auf jeden Fall…

Als Rätselredakteurin (Link: ) freue ich mich auf viel Resonanz!

 

Mit herzlichen Grüßen,

Felicitas Konecny

 

P.S. Hier die kompletten Antworten der Teilnehmer*innen:

Rainer T.: Das ist ganz in der Nähe der MISS Sargfabrik, am Ende der Fenzlgasse, Ecke Lenneisgasse. Einen Namen von dem Gemeindebau hab ich nicht gefunden, die Adresse ist Goldschlagstraße 151 / Lenneisgasse 4–8 in Wien, das Kunstwerk ist ein Sgraffito von Hermine Aichenegg (Bauarbeiter).

Winfried K.: Dieses Sgraffito mit dem Namen „Bauarbeiter“ stammt von Hermine Aichenegg und ist  in der Lenneisgasse 4-8 zu sehen. Schade, dass es so zurückversetzt platziert ist und man es daher nur beim Hinuntergehen sieht. Ich finde es viel interessanter als viele anderen Sgraffiti in Wien.

Roswitha W.: Lenneisgasse 4-8, 1140 Wien

Uwe H.: Dieses Kunstwerk befindet sich in der Lenneisgasse 4-8, wenn man in Richtung Linzer Straße schaut. Über Geschmack lässt sich trefflich streiten – mir hat das nie gefallen. 😉 Viel schöner finde ich das Wandbild an der Missindorfstraße 10, dessen Entstehung ich live beobachten durfte. Das ist wirklich gut gelungen! (Anm. d. Red. Das Wandbild Gemeinschaftsbaum  des Künstlers Seth entstand 2019 im Rahmen des Street Art Festival Calle Libre .

Edith S.: Das Wandbild ist auf dem Gemeindebau in der Lenneisgasse 4-8, es wurde von einer Frau entworfen.

Lena F.: Dieses wunderschöne Bild befindet sich auf dem Gemeindebau in der Lenneisgasse 4-8. Die Fassade wurde in den letzten Monaten saniert und ist nun aber endlich fertig. Jetzt, nach Entfernung der Gerüste ist das Werk nun wieder in voller Pracht sichtbar. Zu bestaunen auch bei Nacht, wie auf meinen Fotos zu sehen. 😉

Fritz L.: Das gesuchte Objekt befindet sich am Gemeindebau aus den 50er Jahren in der Lenneisgasse 4-8, über dem Durchgang zu den Stiegen 6-9. Eigentlich wollte ich euch dieses Wandbild ohnehin schon für das Fotorätsel vorschlagen.