Kunst und Kultur genießen, etwas über die lokale Geschichte und aktuelle Entwicklungen erfahren – das können wir immer, wenn wir im öffentlichen Raum unterwegs sind. Als Einladung, bei den Alltags- oder Freizeitwegen die Stadtlandschaft, die Gebäude sowie bestimmte Details an den Fassaden bewusster wahrzunehmen und auch einmal vom kürzesten Weg abzuschweifen, ist diese Fotorätsel-Serie gedacht.

Verlassen wir die „Kalebasse“ Matznerviertel (danke Florian Holzer für diesen Hinweis!) und machen wir uns auf die Suche nach einem besonderen Baum. Halten Sie die Augen offen und lassen Sie sich überraschen!

(c) Felicitas Konecny

Wo befindet sich dieses Naturdenkmal?

Auflösung Fotorätsel M-10:

Der Gedanke an den Frühling hat mich motiviert, diesmal ein Naturdenkmal in den Mittelpunkt des Rätsels zu stellen. Zu meiner Überraschung gibt es im Matznerviertel zwar viele schöne Bäume (und sowohl in der Goldschlag- als auch in der Missindorfstraße sind jüngst weitere gepflanzt worden), aber kein einziger hat bisher den Status eines Naturdenkmals erhalten. Daher habe ich mich in der Nähe umgeschaut.

Die Blutbuche (Fagus sylvatica ‚Atropunicea‘) an der Ecke Cumberlandstraße – Weinzierlgasse trägt die Nummer 771 und hatte 1998, als sie unter Schutz gestellt wurde, bereits einen Stammumfang von 255 cm, Höhe und Kronendurchmesser betrugen jeweils 15 m. Durch ihre Position an einer verkehrstechnisch schwierigen, vielbefahrenen Kreuzung wird sie wahrscheinlich nicht so intensiv betrachtet, wie sie es aufgrund ihrer Schönheit und Größe verdienen würde.

Alle Naturdenkmäler sind eingezeichnet im Stadtplan Umweltgut.  Auf diesem Plan findet man eine Fülle interessanter Informationen, darunter auch Kommentare zu den Naturdenkmälern – z.B. steht im Garten des Hauses Baumgartner Straße 81 das Naturdenkmal Nr. 438. Es ist eine uralte Eibe, die vermutlich noch aus dem Park des ehemaligen Baumgartner Schlosses stammt. Wenngleich einige Naturdenkmäler (wie diese Eibe) in privaten Gärten stehen, so lohnt es sich doch, die Adressen aufzusuchen, denn in manchen Fällen sind diese außergewöhnlichen Bäume auch vom öffentlichen Grund aus gut zu sehen.

Und wer nun die imposante Blutbuche, um die es hier konkret geht, aufsucht, findet dort auch noch anderes Sehenswertes: Nämlich drei sehr unterschiedliche Gemeindebauten aus der Zwischenkriegszeit, die hier die Bebauung von drei Häuserblocks aus der Spätgründerzeit vervollständigen.

An der Onno-Klopp-Gasse 12-16 und Rupertgasse 5-7 liegt der namenlose Gemeindebau aus dem Jahr 1929 von den Architekten Karl Badstieber und  Walther Raschka, der nach Kriegsschäden erst in den 1950er Jahren mit einer 3. Bauphase fertiggestellt wurde.

Als Ensemble bemerkenswert ist der Schimon-Hof von 1927-29 (Penzinger Straße – Astgasse – Cumberlandstraße – Weinzierlgasse). Dem Architekten Michael Rosenauer, der später in London Karriere machte, gelang es hier, auf einem unregelmäßig geformten Baugrund eine sehr harmonische Anlage mit einem großen symmetrischen und einem kleinen Hof, sowie mehreren Vorgärten zu schaffen. „Unsere“ Blutbuche liegt an der äußersten Spitze eines dieser Vorgärten und wird hier im Dialog mit den Gebäuden zu einem raumbildenden Element.

Besonders spannend ist dieser Dialog mit dem dritten Bauwerk an dieser Kreuzung, es ist ein Eckturm mit einem Atelier im obersten Stockwerk, mit dem der Architekt Alexander Popp den Wohnbau von 1930-31 akzentuiert, der zwischen Weinzierlgasse und Onno-Klopp-Gasse liegt. Die Farbe der dunklen Klinkerfassade antwortet auf die roten Blätter der Buche und der Blick der Bronzeskulptur an der Ecke ist zur Blutbuche hin ausgerichtet. Die Künstlerin Susanne Kompast, die sich intensiv mit Kunstwerken im öffentlichen Raum auseinandergesetzt hat, kommentiert diese Plastik von Ferdinand Opitz (1885-1960) so: „Die kniende Frau gibt das Gefühl der Beständigkeit, gleichzeitig drückt die Stellung auch eine dienende Haltung aus. Sie ist keine abgehobene Heilige, sondern eine fundierte Urfrau (…).“

Für eine ausführlichere „Spurensuche Kunst am& Bau Region 14. Bezirk Wien“ empfehle ich die gleichnamige Publikation von Susanne Kompast.

 

Informationen zu allen Gemeindebauten finden Sie unter Kulturgut: Gemeindebauten

Als Rätselredakteurin freue ich mich auf viel Resonanz!

Mit herzlichen Grüßen,

Felicitas Konecny

 

P.S. Mehr zu meiner Person finden Sie hier: Verein Wiener Spaziergänge

Auflösung zum 9. Fotorätsel